Zwei Aspekte sind für die Entstehung meines Orchesterstücks Momente von Bedeutung geworden. Der erste: In unserem Gedächtnis ist eine große Menge von Hörerfahrungen abgespeichert und es haben sich im Verlauf unserer Entwicklung Präferenzen heraus gebildet, die unsere Erwartungshaltung einem unbekannten Werk gegenüber wenn nicht bestimmen, so doch beeinflussen. Das gilt für den Hörer ebenso wie für den Komponisten, der ja der erste virtuelle Hörer seines Werkes ist, aber auch in seiner schöpferischen Tätigkeit Prägungen erfährt. Ich habe an einigen Punkten meiner kompositorischen Entwicklung meine 'Präferenzen' untersucht und den Mechanismus des fast automatischen Ausfilterns meiner Intuition, meinen reduktionistischen Apparat, einer kritischen Prüfung unterzogen. Und ich bin auf diese Weise auch in den Momenten wieder auf - möglicherweise nicht gegenwärtigen Moden gemäße – aber immerhin andere Wege geraten.
Der zweite Aspekt: Ich bin müde des monomanen Fortspinnens, des 'gearbeiteten' Ausbreitens musikalischer Ideen und habe mich beim Hören derartiger gegenwärtiger Musik dabei ertappt, dass mir oft langweilig war. Ich war aber auch meines eigenen 'guten Handwerks', der Dinge, die ich oft praktiziert habe und ich 'gut kann' etwas überdrüssig. Gleichzeitig ist mir die Spontaneität des Einfalls, der 'Blitz' der Intuition und seine möglichst knappe, konzise Formulierung immer wichtiger geworden. Ich versuchte also betont aus dem Käfig meiner eingefleischten Prämissen auszubrechen, gegen die Wände der ins Unbewusste abgesunkenen Präferenzen zu laufen.
Die Momente bestehen aus 11 Abschnitten, von denen jeder seinen spezifischen Charakter hat, sein eigenes Tempo, seinen eigenen Bewegungsmodus, sein Verhältnis der Dauern, seine Rhythmik und seine Melodik. Alle Abschnitte gehen ineinander über. Natürlich gibt es Querverbindungen auf allen Ebenen der Gestaltung, aber sie sind zumeist subtil versteckt. Ich habe alles vermieden, was plakativ an 'Arbeit' erinnern könnte. Wichtig aber war mir der dramaturgische Bogen, der sich über alle schroffen Gegensätzlichkeiten spannt und ich hoffe, dass in der Rezeption im Ablauf des Geschehens die immanente Logik verstanden wird und sich das Stück als überzeugende Einheit darstellt.
Friedrich Cerha