Konzert für Schlagzeug und Orchester

Titel
Konzert für Schlagzeug und Orchester
Category
Orchester mit Solist(en)
mit Schlagwerk
Dauer
35:00
Anzahl Mitwirkende
84
Besetzung
2 (2. auch Picc.) · Picc · 2 · 2 · Bassklar. · Sopransax. · 2 · Kfg. - 4 · 4 · 4 · 1 - Hfe. · Cel. - 2 Pk. · S. (4 Spieler) - Str. (14 · 12 · 10 · 8 · 6)
Entstehung
2007
Uraufführung
2009-10-04

Salzburg, Großes Festspielhaus · Martin Grubinger, Schlagzeug · Mozarteum-Orchester · Dir.: Ivor Bolton

Zusatz
Auftraggeber: Johannes Baum-Koller, Wien und das Mozarteum-Orchester Salzburg
Auftraggeber
Johannes Baum-Koller, Vienna and the Mozarteum Orchestra Salzburg
Audio
Kommentare des Komponisten zum Werk

Der junge, schon damals bekannte Schlagzeuger Martin Grubinger war bei einer Aufführung meiner Chansons durch HK Gruber und drei Musiker des Ensembles „die reihe“ zugegen. Meine differenzierte Behandlung des Schlagzeugs hat ihm sehr gefallen, Gruber machte uns bekannt und er fragte mich, ob ich nicht ein Konzert für ihn schreiben wolle. Es brauchte eine geraume Zeit bis meine klangliche Vorstellungswelt sich damit anfreundete, das Werk ist dann aber 2007/08 in einem Zug entstanden.

Als ich es schrieb, hatte ich Grubinger noch niemals spielen gehört und ich habe während der Arbeit auch keinerlei Kontakt zu ihm gesucht; ich wollte mich nicht in irgendeiner Weise beeinflussen lassen. Heute lese ich allerdings, dass ich ihm das Stück „auf den Leib“ geschrieben hätte und – wiewohl er es als das Schwierigste bezeichnet, das er je gespielt hat – hat er es sich so bravourös zu eigen gemacht, dass man das annehmen könnte.

Der Solo-Part des Werks hat in jedem der drei Sätze ein eigenes Instrumentarium, wobei der Schlagzeuger jeweils die Position wechselt, ehe er zum Schluss in die erste zurückkehrt. Entgegen dem Usus sind für alle Schlaginstrumente – auch für die Tom-Toms, Tempelblöcke, Holzblöcke und Herdenglocken – exakte Tonhöhen vorgeschrieben.

Der erste und dritte Abschnitt des ersten Satzes und der Schluss des Stücks sind von eruptiven Klangblöcken geprägt; die Trommeln dominieren. Im Orchester sind drei Schichten von kurzen Tönen in rhythmisch komplizierter Organisation übereinander gelagert. Basis dafür lieferte ein magisches Quadrat, in dem verschiedenste Reihungen die Ziffernsumme 34 ergeben. Kontinuierliche Bewegung bringen nur der Solist und eine einstimmige Linie von Hörnern und Tuba. Insgesamt entsteht ein bohrender, insistierender Klangcharakter.

Im eher lyrischen zweiten Satz dominieren die Instrumente mit Nachklang – Vibraphon, Glocken, Gongs, Crotales und Klangschalen. Sie schaffen den Eindruck eines in sich ruhenden Klangteppichs; Bewegung innerhalb dieser Fläche entsteht durch eine polymetrische Organisation: Verschiedene Instrumente wiederholen Töne in gleichmäßigen Abständen, die in den einzelnen Stimmen aber verschieden lang sind, wodurch unterschiedliche Geschwindigkeiten nebeneinander herlaufen. Angeregt wurde ich ursprünglich durch die Beobachtung der langsamen Bewegungen von Himmelskörpern und von Vorgängen des einander Einholens und Überholens, die in vielen Lebensbereichen eine Rolle spielen.

Eine Passage von großer Ruhe liegt mir besonders am Herzen, in der ganz leise Akkorde von Streichern und Bläsern von einzelnen, ganz kurzen Ereignissen des Schlagzeugs durchbrochen werden. Erlebnisse in der Stille des nächtlichen Waldes – ein Knacken von Zweigen, ein Rascheln im Laub, ein müder, leiser Vogelruf – mögen in diesen Vorstellungen eine Rolle gespielt haben.

Der dritte Satz hat Scherzando-Charakter. Im rasenden Tempo der Bewegungen herrschen die hohen, hellen Klänge von Xylophon, Holzblöcken und Log-Drums vor. In der neueren Konzertliteratur ist oft der Klangtypus des Soloinstruments im Orchester ausgespart; ich liebe in meinen Instrumentalkonzerten dagegen Korrespondenzen zwischen dem Soloinstrument und den gleich gearteten des Orchesters. In diesem Satz kommt es vorübergehend sogar deutlich zu einem Wechselspiel von Solo-Xylophon und dem Xylophon-Spieler im Orchester, wobei der „Gegensolist“ Phrasen des Solisten nachahmt oder weiterführt.

Der letzte Abschnitt des dritten Satzes greift – freilich nicht wörtlich – auf das von eruptiven Trommelereignissen geprägte Geschehen im ersten Satz zurück. Beschlossen wird das Stück durch die Wiederholung des Anfangs, allerdings in spiegelbildlicher Folge, – also in Krebsform.

Friedrich Cerha

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